Anthroposophische Medizin
Typisch für den Menschen ist es im Gegensatz zu den Tieren, dass er sich Zeit seines Lebens immer weiterentwickelt. Die größten offensichtlichen Entwicklungsschritte werden in der Kindheit und Jugend vollbracht. Der Entwicklungsstrom reißt aber bis ins hohe Alter nicht ab.
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Entwicklung heißt Veränderung
Entwicklung besteht aus Lernprozessen. Neues wird entdeckt, neue Fertigkeiten werden erworben. Alte Gewohnheiten werden zugunsten neuer aufgegeben. Am Kinde können wir schön beobachten, wie es Dinge tut, die es vorher noch nicht gekonnt oder getan hat.
Lernen bedeutet aber auch Fehler machen dürfen. Ohne Fehler keine Einsicht: So soll´s nicht noch einmal sein“, „Ich will´s nicht mehr so tun, sondern ganz anders machen!“
Und ich darf auch einmal Zeit haben.
Ich muss nicht immer perfekt funktionieren. Ich darf auch Schwächen und Ängste zeigen. Ich darf lernen, probieren und üben.
Der Blick des sich Entwickelnden ist nach vorne, in die Zukunft gerichtet. Es gibt einen Hoffnungsschimmer, ein Vertrauen, dass es immer weitergehen wird und dass der Weg an ein (mein individuelles) Ziel führt.
Wenn Kinder wie Erwachsene agieren, sind sie berechenbar und einfach „abzuspeisen“.
Wenn wir heute aufmerksam die Kinder und ihr Umfeld beobachten, so fällt uns auf, dass sowohl im sozialen Miteinander, in der Pädagogik, als auch im Bereich der Medizin Tendenzen vorliegen, die Kinder wie kleine Erwachsene zu behandeln – weil das viel einfacher ist, als sich auf die Bedürfnisse der rasch Entwickelnden einzustellen.
Was hat das aber für eine tiefere Bedeutung für die Kinder, für die Kindheit? Es bedeutet leider eine einschneidende Behinderung menschlicher Entwicklung.
Indem Kinder wie Erwachsene behandelt werden, nimmt man ihnen die Chance eigener Entwicklung und macht sie überdies viel älter und damit fester, als sie es aus der Eigennatur heraus wären.
Frühe Verhärtung und ihre Folgen
Diese Verhärtungstendenzen werden in der heutigen Zeit bei den Kindern im Übermaß gefördert, was einen enormen Vorschub auf alle vorzeitigen Verhärtungszustände im späteren Leben leistet – wie wir sie z.B. von der vorzeitigen Demenz und der frühzeitigen Arteriosklerose, aber auch vielen rheumatischen Erkrankungen des Bewegungsapparates kennen. Und dabei spielen sowohl das soziale tägliche Miteinander, der pädagogische Umgang mit den Kleinen z.B. im Kindergarten und in der Schule, sowie die Art der heutigen Medizin gleichermaßen eine bedeutende Rolle.
Technik als Kreativ-Killer
Aber auch die Technik hilft im negativen Sinne, die Fähigkeit des Spielsinns, das freie Phantasieren, das freie Assoziieren, das Erfinderisch-Werden oder einmal das bloße Dahinträumen zu schwächen.
Was können wir als Eltern, als Verantwortliche tun, um unseren Kindern einen möglichst guten Entwicklungsrahmen zu bieten?
Die Kinder abzuschirmen vor allem und gegen alles? Das ist auch nicht das Wahre, denn wie sollte dann noch Entwicklung möglich sein? Sie einfach allem, was heute auf uns zukommt im Sozialen, im Technischen im Pädagogischen und Medizinischen, unkritisch zu überlassen, ist ebenso ein unsachgemäßes Handeln auf der anderen Seite.
Für diese Frage eine individuelle Lösung zu finden, ist für uns alle eine Aufgabe, an der wir unbedingt dran bleiben sollten. Unsere Kinder sollen die Welt kennen lernen, geführt und Alters entsprechend aufbereitet.
Vom Umgang mit dem Kranksein
In der anthroposophischen Medizin und ihren Behandlungsmethoden gibt es den Ansatz, grundsätzlich das Kranksein zu begleiten. Die Beobachtung zeigt, dass oft gerade bei fieberhaften Erkrankungen, deutliche individuelle Entwicklungsschritte errungen werden. Wenn wir unsere Kinder sich entwickeln lassen möchten, wie sie es brauchen, sollten wir sie auch manchmal krank sein lassen. Natürlich müssen wir ihre Krankheit liebevoll und aufmerksam medizinisch begleiten und wenn notwendig eingreifen.
Und so werden naturwissenschaftliche Behandlungsmethoden ergänzt durch die Anwendung z.B. „potenzierter Medikamente“ oder künstlerischer Therapien, wie Heileurythmie, Mal- und Sprachtherapie und Biographiearbeit. Mit den potenzierten Medikamenten werden die Eigenheilkräfte angesprochen und unterstützt. So kann ein Mensch aus „eigenen Kräften“ wieder gesund werden. Nicht jedes Symptom muss unterdrückt werden.
Und wie für die Kinder im Kranksein die persönliche Begleitung der Eltern ganz eminent von Bedeutung ist, so wird den Eltern für ihre Fragen und Anliegen im Gespräch in der Ordination auch ein persönlicher Raum geboten.